Ein Expert für die lateinischen Sprache auf dem II. Vatikan-Konzil war der Kardinal Stickler. Als er in Aigen am 26. 8. 1997 seinen Erinnerungen und Erfahrungen des Rates der liturgischen Kommission des Konzil mitteilte, sagte er: „In diesem Kontext muss man auch einen wichtigen Punkt angeben, wann es nicht nur zum falschen Verständnis des Konzils zukam, sondern auch zu seiner vollständigen Leugnung: die Kultsprache.

Ich kann in dieser Gelegenheit gut argumentieren, weil ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrung mit diesem Thema gut vertraut bin. Ich war als ein Expert der Kommission mit der Relation über die lateinischen Sprache beauftragt. Sie war bündig und kurz zusammengefasst und nach einer reifen Diskussion in solcher Form verfasst, die den Wünschen der meisten Teilnehmer entsprach und für die Vorlegung in der Konzilsaula bereit war. Und da kam es zu einem unerwarteten Ereignis: der Papst Johannes XXIII. hat auf dem St. Petersaltar die apostolischen Schrift Veterum Sapientia unterschrieben, das nach Ansicht der Kommission alle weitere Erläuterungen über Latein in der Kirche überflüssig machte. In dieser Schrift ist die Bedeutung des Lateins nicht nur für die Liturgie der Kirche aber auch für alle anderen Lebensbereiche der Kirche geäußert.

Später, als man über die Aufgabe Lateins in der Konzilsaula diskutierte, bemerkte ich aufmerksam diese Debatte und wie sie in den endgültigen Formulierungen der Liturgie-Konstitution speigelte. Ich erinnere gut, wie nach einigen radikalen Einwürfen stand ein Kardinal von Sizilien auf und die Konzilsväter schworte ab die Umsicht und das Vernunft in diesem Punkt zu beachten, sonst könnte schließlich dazu kommen, dass die ganze heilige Messe in der Volkssprache gelesen worden wäre. Nach dieser Warnung ist ein unglaublich witziges Lachen in der Konzilsaula ausgebrochen. Ich kann also nicht verstehen, wie Mons Bugnini später in seinen im Jahre 1983 herausgegebenen Memoiren (S. 108-121 nach der italienischen Ausgabe) konstatieren konnte, dass der Radikal- und Gesamtübergang von der eingeführten lateinischen Kultsprache zur Volkssprache als Pastoralnotwendigkeit vom Konzil praktisch bestätigt worden war. Ich kann entgegen bezeugen, dass die Formulierung der Konzilskonstitution, im Bezug auf dieser Frage, wie im allgemeinen Teil (Nr. 36) sowie auch im Teil über der hl. Messe (Nr. 54), in der Schlussdiskussion fast einstimmig von den Konzilsväter angenommen war (2152 Stimmen pro und nur 4 contra). Bei der Bearbeitung der Tradition dieses Themas habe ich bemerkt, dass hier immer eine einstimmige Vereinbarung war und zwar bis zur Zeit des Papstes Johannes XXIII.“

Erwähner Mons. Bunigni ist der Urheber des Messbuches, das der Papst Paulus VI. unterschrieben hat. Im Bezug zu Latein, konnte er fragen, wie es beim Konzil war um nicht irrenden Informationen zu verbreiten. In der Liturgiekonstitution (Nr. 54) steht: „Es soll jedoch Vorsorge getroffen werden, daß die Christgläubigen die ihnen zukommenden Teile des Meß-Ordinariums auch lateinisch miteinander sprechen oder singen können.“ Ist es nicht traurig, dass im Laufe der 45 Jahre der Gültigkeit des Messbuches des Paulus VI. nur eine volkssprachige Tradition entwickelte, obwohl diese Möglichkeit den Konzilsdelegaten lächerlich schien?

Im Interviewbuch mit dem Kardinal Ratzinger von Vittorio Messori (Über den Glauben heute) im Teil „liturgische Sprache“ liest man: „Nach der Meinung des Kardinals ist gerade das Gebiet der Liturgie wie in den Werken der Fachleute sowie auch in den konkreten Fällen ihrer Verwendung „ein Beispiel, auf dem man am besten sieht, wie weit voneinander sich die wirkliche Protokollartexte des II. Vaticanums und die Interpretations- und Applikationsweisen befinden.“

Eine neue Sprachtradition nur in den Volkssprachen ist zusammen mit anderen Angelegenheiten als das „Geist des Konzils“ vorgelegen. Als ich eine Forschung durchführte, wie viel Leute mindestens etwas von den Dokumenten des II. Vatikankonzils lasen, das Ergebnis war etwa ein von hundert von den Katholiken die auf dem Gottesdienst in der Kirche teilnahmen. Unter den Seminaristen und Priester hat allen Dokumenten des II. Vatikankonzils etwa jeder zehnte durchgelesen. Diese Unkenntnis ist nicht solche, über die man: „Unkenntnis wirkt keine Sünde“ sagen kann und ermöglicht jene Reden, die der erwähnte Mons. Bugnini und andere führen und damit sie offensichtliche Unwahrheiten und Lügen behaupten. Wenn ein Priester bei der heiligen Messe Latein benutzt oder mit den Rücken zum Volk gewendet die heilige Messe liest, ist es ein Grund der Hinweisung dazu, dass er gegen dem Konzil handelt. Es ist aber nötig standhaft zu bleiben dabei, dass es gerade in der vollen Zustimmung mit den wirklichen Konzilstexten geschieht und alle irrenden Abweichungen abzulehnen, den sog. „Geist des Konzils“ und die Verwirrung des Volkes. Die Gepflogenheit diesen Meinungen ist durch die Propaganda verursacht. Man kennt die These der Propaganda gut genug: „Einhundert mal wiederholte Lüge wird zu Wahrheit“.

Die Aufmerksamkeit zu Latein als eine kleine Sache entspricht dem Evangelium, wo uns der Heiland belehrt, wer in Kleinigkeiten treu ist, auch in größeren Angelegenheiten treu bleibt. Schon der Papst Hadrian II. befehle den Hl. Cyril und Methodius Latein in dem slawischen Gottesdienst zu bewahren, als er diesen slawischen Gottesdienst mit dem Brief Gloria in excelsis im Jahre 868 erlaubte (der Text des Briefes ist z. B. in Příručka českých církevních dějin (Handbuch der Kirchengeschichte Tschechiens) des Prof. B. Zlámal zu finden). Dieses Erlaubnis verknüpfte der Papst mit dem gesamten Lebensstill der Christen und schrieb: „Wie der Glaube ohne Werken tot ist, so irren auch die, die denken, dass sie Gott kennen und trotzdem wenden sich von Ihm in eigenen Werken ab.“

Hl. Franz von Sales belehrte seinen Gläubigen: „Betet die lateinischen Gebete: Pater, Ave, Credo, das ist ein Mittel wie mit der römischen Kirche, die in dieser Sprache betet, eng verbunden zu sein.

Alfredo Kardinal Ottaviani und Antonio Kardinal Bacci schrieben im am Fronleichnamfest - 5. Juni 1969 verlautbartem Kurzen kritischen Untersuchung des neuen „Ordo Missae“ folgendes: „Die Apostolische Konstitution (vom 3. 4. 1969) bewirkt selbst eine tödliche Wunde an der universalen Sprache, außerdem auch gegen dem ausdrücklichen Willen des II. Vatikankonzils.“

Das „Bund der liberalen Priester“ und die „Befreiung des Klerus Italiens“ wollten die Abschaffung des Zölibats, Einführung der Volkssprache in die Liturgie und Wahlen der Pfarrer, der Bischöfen und sogar des Papstes. Diese Bemühungen aber verurteilte der sel. Papst Pius IX. in der Enzyklika Quanto conficiamur vom 10. 8. 1863.

Auch die Bewegung „Erneuerung der Kirche in der Tschechoslowakischen Republik“ fordert am 10. April 1919 unter ihren neun Ansprüchen das Verlassen von Latein. Nach dem Ablehnung dieser Bitte in Rom gründeten diese ca. 300 Priester (ursprunglich formal katholisch) im Nationalhaus in Prag-Smichow am 8. Jänner 1920 eine neue „Tschechoslowakische Kirche“ (ab 1971 dann: „Tschechowakische hussitische Kirche“). Die Entstehung ist nach dem Schlagwort „weg von Österreich – weg von Rom“ vollgezogen. Der Schwerpunkt auf dem nationalistischen Element schwächte die gesunde Lehre ab und leitete in die Irrtümer. Ein kleiner Teil ist deswegen unter der Leitung von M. Pavlík in die orthodoxe Kirche übergegangen.

Gute römische Katholiken verachten Latein nicht und können darauf hinweisen, dass die Jugendliche Rockmusik auf Englisch zuhören, und trotzdem gibt es die Früchte von verschiedenen Sünden, obwohl sie die Texte wörtlich nicht verstehen. Genauso kann die lateinische Sprache einen Gott liebenden Menschen zu guten Früchten führen.

Kardinal Tomášek spricht in seinem im Jahre 1968, das ist drei Jahren nach dem II. Vatikankonzil, herausgegebenen Katechismus über die Sprachen im Gottesdienst folgendes: „Bei der heiligen Messe im römischen Ritus benutzt man die lateinische Sprache. Unter verschiedenen Nationen benutzt man eine internationale Sprache. Ähnlich auch die Kirche hat eigene internationale Sprache und zwar Latein. Die wesentlichen Teile der hl. Messe (Kanon – unveränderliches Teil vom Sanktus/Heilig, heilig, heilig,… bis zum Per ipsum/Durch Ihn und mit Ihm und in Ihm…) betet der Priester auf Latein. Latein ist eine ausgestorbene Sprache – kein Volk spricht auf dieser Sprache mehr. Alle Völker müssen diese Sprache lernen und deshalb ist kein Volk in solcher Weise begünstigt und die anderen können ihn nicht beneiden. Eine Sprache deutet die Einheit der Weltkirche an, stärkt sie und bestätigt. Damit wird deutlicher, dass unser Glaube auch Geheimnisse in sich schließt, wenn man nicht alles versteht. Diese Sprache ändert sich nicht mehr, die lebende Sprachen entwickeln ändern sich dagegen. Deshalb können die Wörter der heiligen Gottesdienstbücher seit Jahrhunderten ohne Änderungen bleiben.“ (Nr. 143)